Sechs 4x4-Autos im Vergleich - AUTO BILD (2024)

Wer baut den besten Allradantrieb?

Sechs 4x4-Autos im Vergleich - AUTO BILD (1)

Sie liegen im Trend: Autos mit vier statt zwei Antriebsrädern. Ein Systemvergleich zeigt, wer am weitesten kommt.

Gute Nerven, Schneeketten oder Allrad

Schnee, Schnee, Schnee – überall Schnee. Für Kinder und Winterurlauber ist die weiße Pracht ein Segen. Doch wer mit dem Auto unterwegs ist, fürchtet glatte Straßen wie Skispringer unerwartete Windböen. Besonders der Anblick einer weißen Paßstraße ist furchteinflößend und stellt Fahrer und Fahrzeug auf eine harte Probe. Links die steile Wand, rechts ein tiefer Abgrund und dazwischen die enge Serpentinen-Strecke.

Wer hier rauf will, braucht gute Nerven und mindestens Schneeketten oder besser ein Auto mit Allradantrieb. Doch welches? Denn Vierradantrieb ist nicht gleich Vierradantrieb. Deshalb treten hier sechs Modelle mit unterschiedlichen Kraftverteilungs-Prinzipien zum Vergleich an. Dabei reicht die Palette vom günstigen Schneehasen

Fiat Panda

4x4 bis hinauf zum teuren Gipfelstürmer

Land Rover Discovery

.

Zentrale Frage: Welches Allradkonzept bringt uns am weitesten? Da Vor- und Nachteile der verschiedenen Konzepte erst auf glatter Fahrbahn spür- und meßbar werden, mußten sich die Kandidaten fünf Prüfdisziplinen unterziehen: µ-Split, Handling auf nasser Fahrbahn, Fahrverhalten im Tiefschnee und auf festgefahrener Schneedecke sowie Anfahren am Berg. Angesichts der stark unterschiedlichen Motorisierungen sind die Meßwerte natürlich nur bedingt vergleichbar. Rückschlüsse auf Schwächen und Stärken des jeweiligen 4x4-Systems erlauben sie dennoch.

Fiat Panda: Allrad muß nicht teuer sein

Daß vier angetriebene Räder kein Vermögen kosten müssen, beweist

Fiat

. Der Panda 4x4 Climbing kostet 12.350 Euro (Basis ab 11.700 Euro) und wirkt auf den ersten Blick sympathisch. Dachreling, seitliche Schutzleisten und markante Stoßfänger kennzeichnen ihn als Kraxeltalent. Und dieses Versprechen hält er.

Besonders im Tiefschnee macht er eine überraschend gute Figur. Grund: Der Panda ist leicht, und seine vergleichsweise schmalen Pirelli-Winterreifen (185/65 R 14) haben keine Mühe, sich eine Spur durch den lockeren Untergrund zu bahnen; eine Situation, mit der andere Modelle mehr Probleme haben. Auf griffiger Fahrbahn ist der Panda ein klassischer Fronttriebler. Erst wenn es rutschig wird, schließt die ins hintere Differentialgehäuse integrierte Visko-Kupplung und gleicht automatisch Drehzahlunterschiede zwischen beiden Achsen aus.

Das funktioniert gut. So gut, daß der Fiat rutschige Zehn-Prozent-Steigungen problemlos bewältigt. Allerdings will dazu der kleine 60-PS-Vierzylinder bei Laune gehalten werden. Da für den Panda 4x4 kein ESP zu haben ist, gibt es keine Sperrwirkung durch Bremseingriff. Der Panda ist ein puristischer Allradler mit hohem Spaßfaktor im Schnee. Auf Asphalt dagegen müht er sich zu sehr. So verspannt der Antrieb beim Rangieren, und die sonst eher gefühllose Lenkung verhärtet.

VW Golf: Auf Festschnee geht die Post ab

Der

VW Golf

4Motion kennt dieses Problem nicht. In der Allradversion von Deutschlands Nummer eins arbeitet eine elektronisch gesteuerte Haldex-Kupplung, die nur bei Bedarf Antriebskraft an die Hinterachse leitet.

Ein bewährtes Konzept. Auf festgefahrener Schneedecke fährt sich der Golf agil und sicher. Sauber folgt er Lenkbefehlen und läßt sich auch nicht durch verharschte Spurrillen aus der Ruhe bringen. Das Fahrverhalten wirkt so souverän, daß es zu verschärftem Tempo verführt. Kein Problem: Übertreibt es der Pilot, regelt das ESP entstehende Lastwechsel sauber weg. Auf der Festschnee-Teststrecke ist der Golf sogar schneller als der 105 PS stärkere

Audi A6

3.2 FSI quattro.

Nur in Extremsituationen zeigen sich die Nachteile des Golf. Befinden sich beispielsweise die linken Räder in einer Schneewehe und die rechten auf Eis, drehen diese normalerweise durch. Die elektronische Differentialsperre (EDS) verhindert das durch Bremseingriff und leitet soviel Antriebsmoment nach links, wie rechts abgebremst wird. Die so erzeugte Sperrwirkung reicht allerdings nicht immer aus, und er bleibt stecken.

Audi A6: Keine Probleme im Tiefschnee

Besser beherrscht der

Audi

dieses Problem. Die Längsmotor-Konstruktion des A6 ermöglicht permanenten Allradantrieb, der durch ein selbstsperrendes Torsen-Differential gesteuert wird. Vorteil: Die Kraftverteilung zwischen den Achsen liegt normalerweise bei 50 zu 50 Prozent, ist zu 100 Prozent auf eine Achse verschiebbar, und mittels EDS kann sogar die gesamte Antriebskraft auf ein einziges Rad geleitet werden. Im tiefen Schnee hat Allrad-Pionier

Audi

damit große Vorteile. Selbst wenn der A6 scheinbar hoffnungslos feststeckt, befreit er sich unspektakulär und zieht davon.

Auf Schnee, noch mehr bei Nässe, beeindruckt er mit hohem Tempo. Allerdings beeinträchtigen fast zwei Tonnen Gewicht, langer Radstand und 225er-Reifen die Handlichkeit. Stur läuft er Rillen nach, zwingt zu starkem Lenkeinschlag und reagiert dann mit unangenehmem Schwänzeln.

Seine 255 PS sind auf winterlichen Paßstraßen schlicht nicht nutzbar. Entsprechend restriktiv haben die Ingenieure das ESP ausgelegt. Das wiederum wird auf vereister Fahrbahn zum Nachteil. Beim Anfahren am Berg mit niedrigem Reibwert regeln die Fahrhilfen derart vehement, daß der A6 nur mühsam vom Fleck kommt: letzter Platz. Das Deaktivieren des ESP sollte aber gut überlegt sein. Oder Walter Röhrl am Steuer sitzen. Ohne Fahrhilfen wird der Audi zum spektakulär driftenden Rallye-quattro alter Prägung.

BMW X3: Sehr agiles Traktionswunder

Einer sehr sportlichen Ausprägung folgt auch der

BMW X3

. Basierend auf Hinterradantrieb, wird die Vorderachse durch eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung zugeschaltet. Das X-Drive genannte System soll unter allen Fahrzuständen ein Optimum an Traktion durch variable Kraftverteilung sicherstellen.

Auf trockener Piste ähnelt das Fahrverhalten des SUV dem eines heckangetriebenen Pkw. Auch auf glattem Untergrund kann der X3 überzeugen. Sein Antrieb arbeitet vorausschauend, verhindert so Radschlupf und erweist sich beim µ-Split-Test sowie beim Anfahren am Berg als Traktionswunder. Ebenso nimmt er verschneite Paßstraßen im Sturm. Der Vortrieb ist neutral. Untersteuerneigung (Auto schiebt über Vorderachse) gibt es nur in Spitzkehren; bei schneller Fahrt überwiegt die Heckbetonung. Problematisch sind Spurrillen, die zu ständigen Kurskorrekturen zwingen. Die Lenkung arbeitet direkt, aber viel zu nervös.

Trotzdem: Unter wechselnden Bedingungen zeigt der Dreiliter-X3 die besten Allrad-Eigenschaften in diesem Vergleich und glänzt auf geräumter Talstraße mit sportwagenähnlicher Fahrdynamik, ein idealer Kompromiß also.

Hyundai Tucson: Zuwenig Kraft und Traktion

Ganz anders der

Hyundai

. Er basiert auf Frontantrieb. Eine Mehrscheibenkupplung leitet nur maximal 50 Prozent der Antriebskraft nach hinten. Immerhin ist sie per Knopfdruck manuell sperrbar. Statt ESP gibt es beim Koreaner nur eine Traktionskontrolle (TCS); Bremseingriff ist so auf die Vorderachse beschränkt. Und das hat Folgen: In allen Testdisziplinen belegt der

Tucson

hintere Plätze.

Getrübt wird das Fahrerlebnis durch seine schwammige Lenkung, teigige Schaltung und ein Fahrwerk, das eher für die buckelige Schotterpiste taugt. Vor allem an Steigungen im Tiefschnee macht der Koreaner schnell schlapp. Es fehlen ihm schlicht Kraft und Traktion. Immerhin: Dank guter Seitenführung fegt er auf Festschnee zügig durch Haarnadelkurven.

Dabei ist vorsichtiger Umgang mit dem Gas ratsam. Denn die Traktionskontrolle läßt leichte Heckschwenks zu und müßte präziser abgestimmt werden. Wo ist sein Platz? Der

Hyundai

ist weder sportlicher

SUV

noch echter Offroader wie der

Land Rover

. Wuchtig steht der 2,6-Tonner vor dem Berg, fährt an und fährt und fährt und ... Nichts scheint diesen Koloß stoppen zu können: keine matschige Alm, keine Eis-Rampe, keine Schneewehe. Jede Menge Elektronik macht es möglich.

Discovery: Dieselt los wie ein Bulldozer

Der Landy verfügt über ein Terrain Response System mit fünf verschiedenen Fahrprogrammen. In Stellung "Schnee" werden nicht nur die elektronisch gesteuerten Mitten- und Hinterachssperren bedarfsgerecht angesteuert, sondern die Fahrstufen der Sechsgangautomatik früher hoch- und später runtergeschaltet. Im Stand wird der zweite Gang angewählt. Das Getriebe gibt das Drehmoment sanft an die einzelnen Räder ab, die absolut frei von Schlupf für optimalen Vortrieb sorgen.

Im Schnee gleicht das Verhalten des Diesel-Discovery dem eines Bulldozers. Dank der gefühlvollen Lenkung ist er gut dirigierbar. Je schlechter der Belag, desto mehr fühlt er sich in seinem Element. Die Luftfederung entkoppelt die Karosserie wunderbar vom Geschehen auf der Straße.

Im Innenraum des Fünf- bis Siebensitzers geht es ausgesprochen geräumig zu. Die getestete HSE-Topversion verströmt ein nobles Ambiente mit viel Leder und jeder Menge Komfortdetails – den englischen Adel beim Skiurlaub in St.Moritz wird es freuen. Und zeigt: Zwischen Landy und Panda könnte das Spektrum größer nicht sein. Allradler sind ein Wachstumssegment. Wer hoch hinaus will, findet in jeder Klasse ein geeignetes 4x4-Modell, das ihn in jeder Hinsicht weiterbringt.

Fazit, technische Daten und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan Wer ist der Beste? Die Frage ist schwer zu beantworten. Subjektiv hat jedes Modell positive wie negative Eigenarten. Nach meßbaren Kriterien liegt der X3 vorn. Er bietet mehr Dynamik als der Rest bei gleichzeitig optimaler Traktion. Dahinter der agile und sichere Golf. Den aufwendigsten Antrieb hat der Landy, dem keine Straße zu glatt sein kann. Trotz hervorragenden Allradsystems verderben dem A6 hohes Gewicht und starker ESP-Eingriff auf Eis einen besseren Platz. Der Panda ist unterm Strich auf Schnee und Eis nur wenig schlechter und schlägt den Hyundai.

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Author: Eusebia Nader

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